In Kathmandu am Flughafen angekommen, welcher der Größe des Bahnhofes meines Heimatortes entspricht, verlasse ich den Flieger und drängel mich vor an den Schalter für die Einreise. Passiere die Sicherheitskontrolle und werde trotz eines eindeutigen lauten Pip-Signals durchgeschleust. Ich hole mein Gepäck ab und da wartet auch schon Shree von OLOW mit einem Willkommensschild auf mich. Wir gehen zum Taxi und nun beginnt die etwas abenteuerliche Taxifahrt als gewohnt. Der erste Eindruck ist schon fast erschreckend, denn auf den Straßen ist es laut, voll und chaotisch. Obwohl die Strecke eigentlich einspurig ist, wird diese vierspurig genutzt. Und obendrein fahren hier nicht nur Autos, Busse, Roller, Rikschas, Fahrräder sondern laufen auch noch Kühe frei herum und Menschen drängeln sich geschickt durch das Chaos. Bei manchen Passagen ist mir leicht mulmig aber ich denke mir, der Taxifahrer wird schon wissen, wann er bremsen muss und wann er die Hupe betätigt um dann mit richtig Gas durch die Stadt zu brettern.
Leicht durchgeschwitzt aber sicher komme ich an meiner Unterkunft 9rooms in Lalitpur an. Es ist alles vorhanden was man braucht und mein Zimmer ist ein richtiger Wohlfühlort. Hier gibt es insgesamt 6 Zimmer, die für kürzere und längere Aufenthalte gemietet werden können. Das spannend hier ist, dass dort Menschen aus der ganzen Welt unter einem Dach wohnen und es so beim gemeinsamen Essen und beisammen sein, zu einem internationalen Austausch kommt.
Am nächsten Tag werde ich von Shree abgeholt und wir laufen gemeinsam zur Organisation OLOW. Der Weg dorthin ist schon ein Erlebnis, da ich hier schon erste Einblicke in die Lebenswelt der Nepalesen bekomme. Nun widerlegt sich dann auch der erste Eindruck, denn bei näherem Hinsehen ist die Umgebung hier sehr liebenswerte und quirlige mit einem irgendwie organisierten Chaos. Auf den Straßen werden auf alten Holzwägen Früchte, Gemüse und Snacks verkauft. Auffallend ist die herzliche Art und die Lebensfreude der Einheimischen. Von überall tönt es NAMASTE! Vor allem aber fesselst mich die faszinierende Bergwelt, die die Stadt eingerahmt. Man bekommt das Gefühl umgehend seinen Ruchsack zu packen um einen Trekkingtour zu machen.
In der Organisation werde ich dann herzlich von Ritu und Lata empfangen, die mir einen Schal als Willkommensgeschenk um den Hals legen. Hier werde ich nun für die nächsten zwei Monate die bestehende Projekte mitbetreuen. Wir besprechen gemeinsam, inwiefern ich die einzelnen Programme unterstützen kann und auch eigene Ideen umsetzen darf. Da ich meine bevorstehende Bachelorarbeit im Bereich der Mikrokreditvergabe an Frauen in Entwicklungsländern schreibe, liegt mein persönlicher Fokus auf dem bestehenden Empowerment Projekt für Frauen, die den Weg einer Existenzgründung anstreben. OneLoveOneWorld unterstützt Frauen in Nepal, die aus ihrer ausweglos erscheinenden Situation ausbrechen wollen. Damit sie für sich und ihre Kinder sorgen können, helfen die Mitarbeiter vor Ort ihnen mit einem Mikrokredit. Die Frauen nutzen das Geld als Startkapital für ein kleines Familienunternehmen, beispielsweise für den Verkauf von Stoffen oder das Errichten eines kleinen Kiosks oder Obst- und Gemüseladens. Hierzu erstelle ich einen Leitfaden und Arbeitshilfen zur Modifizierung der bestehenden Arbeitsschritte und ergänze beispielsweise die Vorgehensweise bei der Erstellung eines Businessplanes. Gemeinsam mit den Mitarbeitern von OLOW bespreche ich dann die einzelnen Schritte und nehme weitere Ergänzungen oder Kürzung vor, um so ein tragbares Konzept für die Praxis zu generieren und nicht ein Konzept das in Papierform in der Schublade landet. Denn mein Aufenthalt hier, sollte nicht nur beinhalten, dass ich Erfahrungen sammle und meinen eigenen Traum, auf dem Dach der Welt ein Praktikum zu absolvieren, zu erfüllen. Vielmehr ist meine Priorität mein Wissen was ich in meiner Zeit als Bankangestellte sowie im darauffolgendem Studium der Sozialen Arbeit gelernt habe, weiterzugeben.
Darüber hinaus darf ich die Gestaltung der abendlichen „interaction class“, mit zwei der Jugendlichen die im Wohnheim leben, übernehmen. Innerhalb dieser Stunde, werden täglich wechselnde Themen (Technologie, Soziale Problemlagen, Bildung) ausgearbeitet. Durch Methoden wie beispielsweise Brainstorming, Interview oder einem Rollenspiel versuche ich das Ziel, die Selbstsicherheit in Englisch sowohl im Sprechen als auch im freien Schreiben eines Essays, zu erreichen. Zudem gebe ich einem der Teilnehmer Blockflötenunterricht. Zu sehen wie er Stunde für Stunde Fortschritte macht, bereitet mir immer große Freude.
Aber auch für die restlichen Kinder kommen nicht zu kurz und so erarbeiten wir gemeinsam einen Aktivitätenplan für die Woche. Dieser enthält: Zumba, singen, basteln, Traumreise, Rhythmus- und Deutschunterricht. Auch hier ist es schön zu sehen, wie eifrig sich die Kinder an dem Angebot beteiligen und Spaß daran haben, Neues zu erlernen.
Darüber Hinaus sind Ritu und ihr Team sehr bemüht, dass ich auch das bunte lebendige Land, in dem Buddhisten, Christen und Hinduisten friedlich zusammenleben, in seiner Kultur kennenlerne. So darf ich mit in die Kirche zu Festen und auch das anprobieren traditioneller Kleidung inklusive Fotoshooting darf hier nicht fehlen. Das aktive Ausleben der Religionen, unterschiedlichste Trachten, Traditionen und Bräuche, die zur facettenreichen Vielfalt des Landes beitragen, beeindrucken mich. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich hier im Rahmen meines Aufenthaltes, ein Teil davon sein darf.